Wie Du die Wundheilung nach einer OP oder Verletzung unterstützen kannst.
Ein bevorstehender operativer Eingriff (oder eine größere Verletzung) kann beängstigend oder aufregend sein. Das ist vollkommen normal. Du bist dem Prozess aber nicht ausgeliefert und kannst proaktiv zur Wundheilung beitragen.
3 Phasen der Wundheilung
Zunächst macht es Sinn, zu verstehen, was während der Wundheilung mit und in Deinem Körper geschieht. Der Wundheilungsprozess besteht aus 3 Phasen:
Die Entzündungsphase ist die Reaktion Deines Körpers auf eine Schädigung des Gewebes. In dieser Phase arbeitet das Immunsystem vor allem daran, das Wundgebiet zu reinigen, Blutungen zu stoppen und potenziell schädliche Mikroorganismen zu bekämpfen. Jetzt kommt es zu den typischen Entzündungszeichen: Schmerz, weil die Entzündungsmediatoren freie Nervenendigungen stimulieren. Rötung und Wärme, weil durch die Entzündungsmediatoren Blutgefäße erweitert werden. Schwellungen, weil Plasmaflüssigkeit aus den Blutgefäßen ins Gewebe Übertritt. Und logischerweise die Funktionseinschränkung der verletzten Struktur aufgrund von Schmerz und Schwellung. All das ist nach einer Operation normal und eine Grundvoraussetzung für Heilung. Natürlich benötigt das so aktivierte Immunsystem sehr viel Energie, weswegen unser System darauf angelegt ist, die Entzündung effizient zu gestalten und zum entsprechenden Zeitpunkt auch abzuschließen.
In der Aufbauphase (Proliferationsphase) baut der Körper die Infrastruktur im verletzten Bereich wieder auf. Dafür werden neue Blutgefäße gebildet und das Wundgebiet mit Zellen verschlossen. Es ist ganz normal, dass sich das Gewebe zu Beginn steif anfühlt. Mechanische Bewegung in Form von Mobilisationsübungen aber auch Osteopathie oder Physiotherapie helfen jetzt dabei, das neue Gewebe funktionsfähig zu machen.
In der Organisationsphase wird das neue Gewebe immer belastbarer. Nervenfasern verbinden das Gewebe mit dem zentralen Nervensystem, es gewinnt an Funktionalität und Struktur.
Die Phasen laufen nicht zwingend nacheinander ab, es gibt durchaus Überschneidungen. Aber an den hier beschrieben Prozessen kannst Du erkennen, dass Dein Körper sich Richtung Heilung bewegt - auch wenn das manchmal unangenehm ist.
Du kannst Deinen Körper schon vor der OP unterstützen.
Um Deinen Körper hier zu unterstützen, kannst Du bereits VOR einer geplanten OP folgendes tun:
Blutwerte bestimmen lassen
In den meisten Fällen ist es sinnvoll, gewisse Werte zu kennen und die Versorgung bereits vor der Operation zu optimieren.
Die wichtigen Parameter:
Vitamin D: Vitamin D ist ein wichtiger Co-Faktor bei allen anti-entzündlichen Prozessen. Es ist außerdem in Bezug auf die Knochenheilung wichtig, da es für die Aufnahme von Kalzium aus der Nahrung zuständig ist. Kalzium ist für die Knochenheilung unverzichtbar.
Vitamin B12: B12 ist wichtig für den Energiestoffwechsel (so wie übrigens fast alle B-Vitamine). Außerdem wird B12 für die Neubildung von Blutzellen und für die Regeneration von Nerven benötigt.
hCRP: CRP, auch C-reaktives Protein ist ein Eiweiß, das bei Entzündungsprozessen ansteigt und vermehrt nachweisbar ist. Misst man das hoch sensitive CRP (hsCRP), kann man bereits niedriggradige Entzündungen erkennen, die den Körper belasten, obwohl wir vielleicht noch nichts davon merken. In Vorbereitung auf eine OP ist es hilfreich, wenn im Körper keine Entzündungsvorgänge aktiv sind.
Selen: Selen ist ein wichtiger Co-Faktor für unsere Entgiftungsprozesse und hilft den Immunzellen, gut an ihren Zielort zu gelangen.
Jod (besser nachzuweisen im Urin): Jod ist wichtig für die Schilddrüse, die den gesamten Stoffwechsel steuert. Außerdem reguliert Jod Wachstumsprozesse und wirkt antibakteriell.
Zink: Zink reguliert alle enzymatischen Prozesse und ist für Zellwachstum und Wundheilung notwendig.
Ferritin: Die Eisenspeicherkapazität des Körpers. In Kombination mit den Werten Transferrin und Transferrinsättigung kann man hieran die regenerative Kapazität des Gewebes erkennen.
Omega 6: Omega 3 Ratio: Vereinfacht ausgedrückt wirken Omega 3 Fettsäuren anti-entzündlich, während Omega 6 Fettsäuren pro-entzündlich sind. Ein ungünstiges Verhältnis kann Entzündungsprozesse unnötig verlängern, worunter der Körper leidet.
Glukose und Insulin: Hieraus lassen sich Rückschlüsse auf die Insulinsensitivität und den Blutzuckerstoffwechsel ziehen, die für die Wundheilung relevant sin.
Ideal ist natürlich, die Blutwerte 2-3 Monate vor einer geplanten Operation zu untersuchen. Das ist in der Regel kein Problem, da Operationen nur in seltenen Fällen, wie nach akuten Verletzungen, sofort stattfinden. Aber auch kurzfristig kann man Mängel noch ausgleichen, deswegen lohnt sich der Aufwand auch, wenn Dir nicht mehr so viel Zeit bis zur OP bleibt. Grundsätzlich ist ein Zustand anzustreben, in dem Du gut versorgt in eine OP gehst.
Das ist auch sinnvoll, wenn Deine Verletzung oder OP schon eine Weile zurückliegt, die Heilung aber nicht optimal verläuft.
Den Darm sanieren
Unser Darm hängt eng mit dem Immunsystem zusammen. Hier sitzt fast 80% des angeborenen Immunsystems und wird bei jeder Nahrungsaufnahme aktiviert. Schließlich muss es kontrollieren, was in den Körper kommt. Im Idealfall werden nur Dinge durchgelassen, die wir brauchen. Dazu gehören Glukose, Aminosäuren und Fettsäuren. Auch Wasser, Vitamine und Mineralstoffe werden benötigt. Wenn das Mikrobiom gestört oder die Schleimhaut entzündet ist, dann gelangen oftmals größere unverdaute Nahrungsbestandteile, Pilze, Viren oder Bakterien, bzw. Reste abgestorbener Bakterien in unser System. Eine gesunde Darmbarriere ist also immens wichtig für unsere Gesundheit. Doch dieses System kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst und gestört werden. Dazu gehören z.B. bestimmte Medikamente, wie Antibiotika, Säureblocker, die Pille oder nicht steroidale Antirheumatika, wie Ibuprofen, aber auch eine Lebensmittelvergiftung oder Pilzbelastung. Auch eine unausgewogene Ernährung mit vielen industriell verarbeiteten Lebensmitteln und übermäßig viel Gluten kann den Darm nachhaltig angreifen und so das Immunsystem belasten.
Eine konsistente ausgewogene und gesunde Ernährung ist die Grundlage. Doch wenn der Darm bereits beschädigt ist, reicht dies oft nicht mehr aus. Daher macht es vor einer Operation Sinn, sich dem Thema zu widmen.
Orale Hygiene ernst nehmen
Was für den Darm gilt, gilt auch für den Mund, da wir auch hier viel Kontakt zur Umwelt haben. Und das betrifft zusätzlich noch die Luft (und alles was da drin ist), die wir atmen. Vor allem zwischen den Zähnen und im Zahnfleisch können sich Bakterien ansiedeln, die lange unentdeckt bleiben und in aller Ruhe Schaden anrichten können. Bei gesunden Zähnen und Zahnfleisch sollte zweimal im Jahr prophylaktisch eine professionelle Zahnreinigung durchgeführt werden. Natürlich spielt unsere Ernährung auch im Mund eine wichtige Rolle. Besonders wichtig aber ist eine tägliche Zahnreinigungsroutine:
Am Morgen empfehle ich zunächst die Zunge mit einem Zungenschaber zu reinigen. Im Anschluss daran kannst Du Ölziehen. Dafür nimmst Du einen Schluck Kokos- oder Olivenöl und ziehst es 5-10 Minuten durch die Zähne, bevor Du es wieder ausspuckst. Das Öl bindet Schadstoffe und bildet eine Art Schutzfilm. Dann werden die Zähne geputzt. Am Abend werden die Zähne wieder geputzt und anschließend mit Zahnseide die Zahnzwischenräume gereinigt.
Vor einer OP ist eine professionelle Zahnreinigung durchaus sinnvoll, bzw. sollten, wenn möglich, Zahnherde saniert sein.
Ernährung, Ernährung, Ernährung
Eine hochwertige Ernährung ist auch bei der Wundheilung ein entscheidender Aspekt. Es macht absolut Sinn, bereits vor einem Eingriff mit einer nährstoffreichen Ernährungsweise zu beginnen.
Die Mahlzeiten sollten Eiweiss, hochwertige Fette und faserreiche Kohlenhydrate enthalten. Zusätzlich sollten mindesten 4 Portionen Gemüse pro Tag gegessen werden. Dazu 2 Portionen Obst am Tag. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, d.h. mindestens 2-2,5l am Tag in Form von Wasser, Ingwer- oder grünem Tee. 1-2 Tassen guter Kaffee sind natürlich erlaubt (am besten schwarz). Um den Verdauungsprozess zu optimieren und den Darm zu entlasten, solltest Du nicht mehr als 2-3 Mal am Tag essen und im Idealfall eine mindestens 12 Stunden dauernde Nüchternphase über Nacht einhalten.
In den 24 Stunden um die Operation herum macht es Sinn, die Kalorienzufuhr zu reduzieren oder zu fasten. Für die meisten Menschen ist es kein Problem, am Operationstag nichts zu essen. Solltest Du Dich aber dafür quälen müssen, dann Du selbstverständlich auch etwas essen.
Nach der Operation ist eine solide Eiweisszufuhr wichtig. Du kannst mit 1,5g Eiweiss pro kg Körpergewicht rechnen. Eiweiss muss übrigens nicht unbedingt aus tierischen Quellen gedeckt werden. Auch pflanzliche Eiweissquellen, wie Linsen, Bohnen, Nüsse, etc. sind hervorragend geeignet.
Achte auf gute Fetten - daran brauchst Du auch nicht zu sparen. Dazu gehören Nüsse, Olivenöl, Avocado, Samen und Kerne.
Was Du in den ersten beiden Wochen nachher einer OP meiden solltest, sind stark verarbeitete Nahrungsmittel, viel Zucker, einfache Kohlenhydrate (Brot, Pasta, Kartoffeln, etc.) und Frittiertes. Wenn Dich doch die Lust auf Süßes packt, dann probier’ mal 2-3 Medjool Datteln gefüllt mit ein Mandeln oder etwas Mandelmus.
Und natürlich solltest Du auch nach der OP wieder ausreichend Flüssigkeit zu Dir nehmen.
Nahrungsergänzungsmittel zur Wundheilung
Auch durch den Einsatz bestimmter Nahrungsergänzungsmittel lässt sich der Wundheilungsprozess gut unterstützen. Wie oben beschrieben kann das supplementieren von Vitaminen, Mineralstoffen und Omega 3 Fettsäuren bereits vor der Operation beginnen, um den Körper und das Immunsystem möglichst gut aufzustellen.
Darüber hinaus können folgende Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein:
Vitamin C ist wichtig für den Neuaufbau des Bindegewebes. Zink, da es an enzymatischen Prozessen beteiligt. Vitamin A fördert die Zellmigration, also die Wanderung von Immunzellen.
Magnesium ist notwendig für die Kollagensynthese. Omega 3 Fettsäuren, da sie für die rechtzeitige Beendigung der Entzündungsreaktion sorgen. Vitamin D, da es ebenfalls systematisch und anti-entzündlich wirkt.
Achtung: Weil Vitamin D und Omega 3 anti-entzündlich wirken, sollten sie bis zur Operation genommen, dann aber für 7 Tage ausgesetzt werden, damit die Entzündungsphase effizient ablaufen kann.
Das ist eine mögliche Auswahl. Über die Dosierung und Wechselwirkung solltest Du mit Deiner Ärztin oder Deinem Arzt sprechen, bzw. Dich an eine*n TherapeutIn Deines Vertrauens wenden.
Schlafhygiene optimieren
Guter Schlaf ist für die Regeneration immens wichtig. Dafür brauchen wir Melatonin, ein Hormon, dass gebildet wird, wenn Tageslicht (blaues Licht) wegfällt. Außerdem sorgt eine kühlere Außentemperatur für eine vermehrte Melatoninproduktion. Ein zu warmes Schlafzimmer und Licht (auch von Screens) stören die Melatoninproduktion nachweislich.
Konkrete Maßnahmen für verbesserten Schlaf sind also ein kühleres Schlafzimmer (ca. 18 Grad). 1 Stunde vor dem Schlafengehen sollten alle Screens aus sein. Ein warmes Bad vor dem Schlafengehen unterstützt das Abkühlen noch weiter und tut gut. Kräutertees können beruhigend wirken. Und zum Schlafen sollte der Raum richtig abgedunkelt sein.
Individuelle Entspannungsrituale
Eine Operation und alles was damit verbunden ist kann das Stresslevel erhöhen. Das ist völlig normal. Zusätzlich zu den o.g. Maßnahmen kannst Du noch mit Deinen persönlichen Entspannungsfavoriten arbeiten.
Wenn Dir Musik dabei hilft, dann stell Dir eine Playlist zusammen.
Eine Yoga-Nidra Session oder angeleitete Meditation kann Dir vielleicht ebenfalls zu etwas mehr Gelassenheit verhelfen. Hier hat eine gute Freundin ein paar Mediationen eingesprochen: https://www.akasha-berlin.com/ressourcen
Anwendungen post-OP
Nach der Operation ist die Zeit, sich um den verletzten Bereich zu kümmern. Sanfte Massagen 2-3x am Tag mit Calendula fördern die Durchblutung und damit den Abtransport von Dingen, die dort nach der Entzündungsphase ausgedient haben. Wickel mit Retterspitz können abschwellend wirken und regulieren die Entzündung weiter.
Wenn das Narbengewebe trocken ist, kannst Du 1-2x Woche in eine (Infrarot-) Sauna gehen. Durch die Wärme werden anhaltende Entzündungsprozesse und oxidativer Stress reguliert.
Kälte hingegen wirkt positiv auf den Energiehaushalt. Mit Kälteanwendungen solltest Du langsam zu starten, z.B. mit 15 Sek kalten Güssen nach dem Duschen. Diese Zeit kannst Du dann ganz allmählich verlängern.
Narbengewebe behandeln lassen
Eine Narbe neigt zu Fibrosierung, d.h. sie verhärtet und kann verschiedene Funktionsabläufe im Körper stören. Deswegen ist eine frühzeitige Behandlung wichtig. Damit kannst Du starten, sobald die Fäden gezogen und die Wunde geschlossen ist. Einfach mehrmals täglich mit einem guten Olivenöl die Narbe und das umliegende Gewebe massieren. Eine Narbencreme geht natürlich auch. Das verbessert die Elastizität.
Natürlich bieten diese Maßnahmen keine Garantie für einen komplikationsfreien Verlauf (auch nicht für einen schmerzfreien). Wenn Du aber die Vorgaben Deiner ÄrztInnen beachtest und den folgenden Empfehlungen folgst, kann eine gute Genesung gelingen. Da jeder Mensch zudem individuell ist, kann es angebracht sein, die Maßnahmen im Vorfeld mit eine*r Therapeutin durchzusprechen und auf Deine Situation anzupassen.
Alles Gute für die kommende Zeit.