Welche Ernährung bei SIBO?
Auf Google bekommt man auf diese Frage verschiedenste Antworten. Wenn man mit TherapeutInnen spricht, ebenso. SIBO steht für small intestinal bacterial overgrowth, bzw. Dünndarmfehlbesiedlung. Ein Zustand, der verschiedene Symptome verursachen kann. Die häufigsten Beschwerden sind Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, Bauchschmerzen, Müdigkeit und Depressionen. Das Ziel jeder SIBO-„Diät“ sollte sein, die bakterielle Ausgeglichenheit im Dünndarm wieder herzustellen, damit Darm und Körper sich beruhigen können. Es geht darum, die Symptome der Betroffenen zu lindern.
Was ist ein SIBO?
Ein SIBO entsteht dann, wenn zu viele Darmbakterien sich im falschen Teil des Verdauungstrakts ansiedeln. Die meisten Darmbakterien leben im Dickdarm, also am Ende des Verdauungstraktes. Wir brauchen sie auch vor allem dort, wo sie z.B. aus unlöslichen Ballaststoffen wertvolle kurzzeitige Fettsäuren für uns herstellen.
Bei einer Dünndarmfehlbesiedlung haben sich manche dieser Bakterien aber im Dünndarm angesiedelt. Der Dünndarm hat im gesunden Zustand viel weniger Bakterien. Da passiert ein Großteil der Verdauung und der Resorption von Nährstoffen in unseren Körper. Wenn nun Bakterien dort überwuchern, dann wird die Nahrungsaufnahme gestört. SIBO kann zu Entzündungen und Schädigungen der Darmwand führen, aus denen dann die o.g. Symptome entstehen, aber auch Nährstoffmangel ist ein SIBO-Symptom.
Wie wird SIBO behandelt?
Bei der SIBO Behandlung geht es darum, die überwuchernden Bakterien aus dem Dünndarm zu vertreiben, um seinen physiologischen Zustand wiederherzustellen. Das ist nicht ganz einfach und kann lange dauern. Es gibt 3 Ansätze und manchmal ist eine Kombination aller notwendig:
Elemental Diet oder Formeldiät
Bei der Elemental Diet trinkt man ein Fertiggetränk, oder rührt ein Pulver mit Wasser an. Die Nährstoffe sind bereits in ihre Bestandteile aufgespalten: Aminosäuren, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe sind in einer sinnvollen Kombination enthalten. So muss der Körper nicht mehr viel zur Verdauung beitragen und das Getränk wird so schnell absorbiert, dass die überwuchernden Bakterien nicht die Zeit bekommen, sich daran zu laben.
Diese Formeldiät ist die einzige Diät, deren Wirksamkeit in der SIBO Behandlung in Studien gezeigt wurde. Sie ist in 85% der Fälle wirksam.
Aber sie ist nicht für alle Menschen geeignet: Sie hat einen hohen Gehalt an Kohlenhydraten, und ist somit nicht unbedingt gesund. Für die Dauer der 2-3 wöchigen Behandlung darf außer dem Getränk keine Nahrung konsumiert werden. Für schlanke Personen, die kein Gewicht verlieren möchten eignet sie sich nicht, wegen der reduzierten Kalorienmenge (ca. 1800 kcal/Tag). Je nach Hersteller kann die Formeldiät außerdem sehr teuer sein.Antibiotika
Die Antibiotika Behandlung wird von vielen Gastroenterologen bevorzugt. Dabei kommen hauptsächlich Rifaximin, Neomycin und Metronidazol zum Einsatz. Korrekt umgesetzt kann die Antibiotika Behandlung durchaus zum Erfolg führen. Besonders wichtig ist hier das Thema After-Care: Im Anschluss an die Behandlung müssen eine zeitlang vorbeugende Maßnahmen getroffen werden, um eine erneute Überwucherung zu verhindern.Pflanzliche Antibiotika, bzw. Antimikrobizide
Das Ziel ist wie bei der Antibiotika Behandlung eine effektive Abtötung der überwuchernden Bakterien. Entsprechend sollte auch bei der pflanzlichen Behandlung besonderes Augenmerk auf die Zeit nach der Behandlung gelegt werden.
Statt klassischen Antibiotika kommen hier vor allem Allicin aus Knoblau, Oregano, Berberin- und Neem-Extrakt zum Einsatz. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass diese Herangehensweise ebenso effektiv ist, wie die Behandlung mit klassischen Antibiotika.
Die richtige Ernährung bei SIBO
Ein bewährter und wirksamer Weg, um die SIBO-Behandlung über die Ernährung zu steuern ist die oben erwähnte Elemental Diet, bzw. Formel-Diät. Und wie bereits geschrieben, ist sie die einzige Ernährungsform, die wissenschaftlich zur SIBO-Behandlung validiert wurde.
Entscheidet man sich für einen anderen Behandlungsweg, stellt sich dennoch die Frage, wie man die Behandlung bestmöglich unterstützt. Und hierfür gibt es diverse Ansätze:
Paläo bei SIBO
Die Paleo Ernährung verzichtet auf Hülsenfrüchte, Getreide, Milchprodukte, industriell verarbeitet Lebensmittel und limitiert die Aufnahme von Zucker. Aufgrund der Reduktion von leicht verdaulichen Nahrungsmitteln geht es vielen SIBO PatientInnen mit der Paläo Ernährung schon deutlich besser.
SIBO Food Guide
Allison Siebecker ist eine naturheilkundliche Ärztin aus den USA, die selbst mit chronischem SIBO lebt. Sie hat die Ansätze FODMAP-armen Ernährung und der Specific Carbohydrate Diät miteinander kombiniert. Bei der FODMAP-armen Diät verzichtet man auf Zuckeralkohole (Kohlenhydrate), die im Dünndarm schnell vergären. Die Specific Carbohydrate Diät ist die Ernährung, die ursprünglich zur Behandlung von Zöliake entwickelt wurde. Hierbei verzichtet man komplett auf Getreide, minimiert Laktose und Zucker.
Dr. Siebecker hat die Nahrungsmittel mit einem Farbcode versehen: grüne Nahrungsmittel sind erlaubt, rote verboten. Der Food Guide hilft vielen Menschen dabei, sich am Anfang der Behandlung zu orientieren, kann aber auf Dauer als einschränkend empfunden werden.
Biphasic SIBO Diet
Dr. Nirala Jacobi ist SIBO-Expertin aus Australien. Auch sie kombiniert in ihrem Plan die FODMAP-arme Diät mit der Spezifischen Kohlenhydrat Diät. Wie der Name bereits sagt, arbeitet man hier in Phasen: In Phase 1 werden alle fermentierbaren Stärken gemieden, mit der Idee, die überwuchernden Bakterien auszuhungern. Phase 2 erlaubt ausgewählte stärkehaltige Produkte, wie Linsen, damit das Mikrobiom im Dickdarm genährt wird.
Das gute hierbei ist, dass es mittlerweile eine Biphasic SIBO Diät für Menschen gibt, die sich vegetarisch ernähren. Und für diejenigen, die bereits zu Beginn ein niedriges Körpergewicht haben, empfehle ich mit Phase 2 zu beginnen.
Histaminarme Ernährung
Eine Arbeitshypothese ist, dass SIBO eine Ursache für eine Histaminüberproduktion und daraus resultierende -intoleranz ist. Dieses Denken wird derzeit vermehrt diskutiert und erforscht. Es gibt Menschen, deren SIBO Symptome sich mit der histaminarmen Ernährung gebessert haben. Das betrifft vor allem diejenigen Menschen, die unter Histaminintoleranz leiden.
GAPS-Diät
GAPS steht für Gut and Psychology-Syndrome, also Darm- und Psychologie-Syndrom und soll Störungen der Darmflora beseitigen und geschädigte Darmschleimhaut pflegen. Im Zentrum der GAPS-Diät stehen Eier, Fleisch, Fisch, Schalentiere, Gemüse, Obst und Nüsse.
GAPS wird vor allem zur Reduktion von Leaky Gut empfohlen. Weil bei GAPS die Kohlenhydrat-Aufnahme massiv reduziert ist, profitieren viele SIBO PatientInnen von der Ernährungsweise.
Keine Ernährungsumstellung bei SIBO
Immer wieder wird diskutiert, dass man während der medikamentösen SIBO Behandlung einfach essen sollte, um „die Bakterien rauszulocken“, damit die Medikamente besser wirken können. Und in der Tat sind persistierende Bakterien ein großes Problem in der SIBO Behandlung und ein Grund, warum die Behandlung so langwierig ist. Aber keine Ernährungsumstellung ist keine Lösung. SIBO Rückfälle nach einer rein medikamentösen Behandlung sind hoch. Außerdem sollte nicht vergessen werden, dass ein SIBO den Darm reizt und verletzt. Entsprechend tut man seinem Darm und seiner Gesundheit was Gutes, wenn man ihn mit einer darmfreundlichen Ernährung entlastet.
Es gibt nicht Die Eine SIBO-Diät
Ich habe in meiner Arbeit mit DarmpatientInnen aller Art gute Erfahrungen mit der Specific Carbohydrate Diät gemacht. In meiner Praxis stelle ich immer wieder fest, dass vor allem Getreide und Milchprodukte den Darm reizen und das Immunsystem triggern - beides Zustände, die bei einer SIBO nicht unbedingt helfen.
Ich habe außerdem die Erfahrung gemacht, dass die Diät am besten ist, die tatsächlich durchgeführt wird. Und zwar über einen längeren Zeitraum. Das heißt, dass die Diät sich zu bestimmten Teilen an den Menschen anpassen darf. Jemand, der sowieso mit geringem Gewicht zusätzlich zum SIBO kämpft sollte nicht die selbe Ernährung verfolgen, wie jemand mit metabolischem Syndrom und SIBO.
Deswegen gebe ich mit der Therapie gewisse Guidelines für die Ernährung vor, unterstütze meine PatientInnen darüber hinaus aber im Finden der für sie am besten geeigneten Ernährung.